Der Begriff Brieftaube ist zu dieser Zeit ein unbestimmter.
Es werden "fast sämtliche Haustaubenrassen" für einen derartigen Gebrauch „benutzt“. Auswahlkriterium ist, dass sie alle mehr oder weniger sicher und möglichst auch aus weiteren Entfernungen zum Heimatschlag zurück kehren.
Der Carrier besitzt eine ungeheure Flugkraft, einen erstaunlichen Orientierungssinn und eine große Heimaliebe und ist doch nur bei kurzen Entfernungen in der Lage sicher zurück zu finden. Der Carrier fliegt zwar schnell und mit Ausdauer, steht jedoch der belgischen Brieftaube darin nach. Da er sich sobald sein Gefieder durchnässt ist nicht leicht von der Erde erheben und fliegen kann, scheint er nicht die zum Briefboten geeignetste Taube zu sein. Carrier werden in England und neuerdings Deutschland als Luxustaube gezüchtet.
By Charles Darwin - The Variation of Animals and Plants under Domestication, Volume I., available freely at Project Gutenberg, Public Domain, Link
Die blaue Feldtaube sei gewöhnt weit zu fliegen und sehr heimatverbunden und werde auch von den Raubvögeln nicht so leicht gefangen. Von dieser Taube, welche nur noch im Wupperthal in reiner Rasse zu finden sei, stammen die am Niederrhein gehaltenen, meist buntfarbigen Feldflüchter ab.
In Belgien soll man zuerst das Deutsche Mövchen als Brieftaube genutzt haben. Das Mövchen fliegt rasch, anhaltend und hoch, wenn man es daran gewöhnt. Es zeigt eine besondere Heimatliebe und ist deshalb als Brieftaube brauchbar und geschätzt.
Diese Tauben wurden besonders in Verviers und Lüttich, später dann mit Vorliebe in Aachen und am Niederrhein gezüchtet.
In Antwerpen soll man zu Beginn der Liebhaberei vorzugsweise den Tümmler als Brieftaube genutzt haben. Die echte, unvermischte, sich selbst überlassene Art dieser Taube ist ein guter Flieger. Lediglich die Weitsichtigkeit ist ein Fehler, an welchem die ganze Rasse leidet. Der Tümmler sieht meilenweit in die Ferne und stößt dagegen oft an die nächststehenden Gegenstände an.
Die Antwerpener Brieftaube ist ein Mischling von Carrier und Tümmler in der zweiten oder dritten Generation. Je nach dem, ob sie mehr auf diesen oder jenem Typ heraus kommt, treten die Merkmale der einen oder anderen Rasse deutlich sichtbar hervor.
Diese als Antwerpener Brieftaube bekannten Kreuzungen sollen als durchaus sichere Flieger geschätzt worden sein, welche auch in schwierigem Terrain bestehen und weite Touren bewältigen konnten. Als schwieriges Terrain verstand man damals gebirgige Gegenden, innerhalb großer Städte, sumpfreiche oder stark nebelige Landschaften sowie den Strand des Meeres.
Die Antwerpener Brieftaube war dafür bekannt, dass sie bereits im ersten Lebensjahr sehr gute Flugleistungen erbringen konnte.
Auch die Lütticher Brieftaube ist ein Kreuzung aus Mövchen und Tümmler.
Ihr wird nachgesagt auch nach Jahren noch vom Heimatgefühl getrieben zu ihrem Heimatschlag zuzueilen, so dass Lenzen diese Rasse für militärische Zwecke als am brauchbarsten ansieht. Er ging davon aus, dass sie auch nach lang andauernder Belagerung und entsprechend langer Zeit fernab vom Heimatschlag immer noch sicher heim kehren würde.
Sie soll für die weitestem Entfernungen sehr gut geeignet sein, jedoch in den ersten Jahren noch nicht die gewünschte Zuverlässigkeit zeigen. Deshalb soll sie am besten erst im dritten Lebensjahr zu Flügen ausgesandt werden.
Nr. 1 Felsentaube, Nr. 13 Dt. Mövchen, Nr. 19 Carrier, Nr. 23 Antwerpener Brieftaube, 24. Lütticher Brieftaube