Bereits zu Beginn der 1870er Jahre standen die rheinische Vereine "Columbia Barmen" und "Fauna Elberfeld" (beide aus Wuppertal), "Columbia Köln" und "Union Schwedt" in enger Verbindung und Korrespondenz mit dem Kriegsministerium.
Diese Vereine hatten gewissermaßen schon in diesen frühen Jahren der Brieftaubenzucht in Deutschland eine militärische Aufgabe. Der Kölner Verein "Columbia" kehrte aufgrund der seiner Meinung nach großen Verluste auf diesen gemeinsamen Flügen aus nördlicher Richtung wieder zur vorherigen Flugroute aus Belgien und Frankreich zurück.
Dies auch vor dem Hintergrund die Notwendigkeit der freien Eisenbahnfahrt des Brieftaubenbegleiters auf dem Weg zum Auflassort darzulegen. Ebenso wurde der Wunsch nach der Vergabe von Staatsmedaillen und dem Schutz der Brieftauben vor Greifvögeln und einem Abschuss vorgebracht.
In der Literatur der damaligen Zeit lässt sich ein Widerspruch darüber erkennen, inwieweit die Brieftaubenzucht lediglich eine Liebhaberei gewesen sei oder patriotische Ziele verfolgt habe.
Die Brieftaubenzucht sei eine "Liebhaberei, eine zweck- und nutzlose Spielerei gewesen sei", wie es Josef Hoerter in seinem Buch "Der Brieftaubensport - Handbuch über die Behandlung und Zucht der Brieftauben, ihre Verwendung und Zucht " von 1890 darstellt. Wilhelm Ohlrogge hingegen vermittelt in seinem Werk "Die Brieftaube mit besonderer Berücksichtigung ihrer Pflege, Zucht und Dressur" aus dem Jahr 1898, dass der deutsche Brieftaubensport vom Anfang der 1870er Jahre patriotische Ziele verfolgte, nach dem man im deutsch-französischen Krieg und während der Belagerung von Paris die Bedeutung der Brieftaube in militärischer Hinsicht erkannt hatte.
1883 ruft der Vorstand des Vereins für Brieftaubensport "Hannovera" zur Vereinigung sämtlicher deutscher Brieftauben-Vereine auf. Neben dem Hinweis auf die (vor allem finanziellen) Vorteile eines Zusammenschlusses wird an das Nationalgefühl der Deutschen appeliert: ".. und der Patriotismus eines jeden Liebhabers müsse opferwillig gern die Hand hierzu hergeben, damit, falls das Vaterland eine in der Brieftauben-Angelegenheit notwendige Unterstützung fordere, auch solche zu militärischen Zwecken nutzbringend verwandt werden können."
Bekanntlich wurde am 13. Januar 1884 dann der Verband deutscher Brieftauben-Liebhaber-Vereine gegründet.
In den Statuten des Verbandes vom 24. Oktober 1886 nennt § 1 als Zweck des Verbandes "die Vereinigung der Vereine bezwecke das Brieftaubenwesen in Deutschland zu heben und zu einer im Falle eines Krieges dem Vaterlande nützlichen Sache heranzubilden". Insbesondere sollten Beziehungen zum Königlich Preussischen Kriegs-Ministerium unterhalten werden. Desweiteren verpflichtete man die Mitglieder der verbandsangehörigen Vereine ihre Tauben im Kriegsfall dem Staate zur Verfügung zu stellen.
Hieraus ergaben sich in den Folgejahren verschiedene Vorteile für den Verband deutscher Brieftauben-Liebhaber-Vereine und seine Mitglieder: es wurden den Verbands-Vereinen nun goldene, silberne und bronzene Staats-Medaillen verliehen. Für das Abschießen von Habichten hatte das Kriegsministerium sogenannte Schußprämien ausgesetzt und 1887 die Verordnung über Beförderungs-Begünstigungen für Brieftaubensendungen erlassen.
Spätestens jetzt hatten sich die Brieftaubenzüchter mit ihren Brieftauben für den militärischen Einsatz etabliert.
Das Kriegs-Ministerium regte die Vereine zu Dressurübungen über Land an, ab 1893 veranlasste das Reichs-Marineamt eine Anzahl von Vereinen zum Abrichten ihrer Tauben von See zurück an die Küste.
Auf den ausgegebenen Medaillen für Verdienste um das Militär-Brieftaubenwesen oder um das Marine-Brieftaubenwesen waren je nach Einsatzgebiet unterschiedliche Motive für das Heer oder die Marine abgebildet.
Im Jahr 1894 verordnete Kaiser Wilhelm dann unter Beteiligung und nach Zustimmung des Reichtags und des Bundestags das "Gesetz, betreffend den Schutz der Brieftauben und den Brieftaubenverkehr im Kriege".
Dies verdeutlicht die bis zu diesem Zeitpunkt hinzu gewonnene Bedeutung des Brieftaubenverbandes und insbesondere der Brieftauben für den militärischen Einsatz und hebt deren besonderen Stellenwert für das Militär hervor.
Mit der Verordnung, betreffend die Militärtransport-Ordnung für Eisenbahnen vom 18.01.1899 trat zum 01.04.1899 eine Regelung in Kraft, die sich auch auf das Brieftaubenwesen auswirkte.
§ 56 dieser Verordnung regelte die Vorschriften für die Beförderung von Militärbrieftauben mit der Eisenbahn. Militärbrieftauben waren alle Brieftauben, die der Militärverwaltung gehörten oder zur Verfügung gestellt wurden und mit dem gesetztlich vorgesehenen Stempel versehen sind. Gemeint ist der unten abgebildete, sogenannte Schutzstempel des Kaisers.
Die Verordnung traf grundlegende Regelungen zum Transport von Militärbrieftauben.
So konnten zivile Begleiter der Brieftaubenliebhaber-Vereine gegen einen Ausweis des versendenden Vereins auf Militärfahrkarte fahren. Damit konnten die Kosten für die Vereine sicherlich deutlich gesenkt werden, musste doch nun für die Begleitperson keine Fahrkarte mehr gelöst und bezahlt werden.